„Die Angst vor dem Abstieg wächst“: Laut einer Studie der Böckler-Stiftung sorgen sich immer mehr Menschen darum, ihren Lebensstandard zukünftig noch halten zu können. Solche materiellen Zukunftsängste reichten sogar bis weit in die Mittelschicht, die sehr auf das Aufstiegsversprechen der ‚Leistungsgesellschaft‘ setzt: Eine Statusverbesserung durch stetes Bemühen um ein „Mehr und Besser“ bei Bildung, beruflicher Qualifikation, ökonomischem Wohlstand. Dieser Lebenstil „investiver Statusarbeit“ wird inzwischen von vielen als soziales Rattenrennen erlebt, wo das ständige „Mehr“ notwendig ist, um nicht abzusteigen … Was macht das mit den Menschen? Was passiert dabei im Gehirn?
Bei Abstiegsangst geht es um einen DROHENDEN VERLUST IN DER ZUKUNFT, der das LEBENSGEFÜHL in der GEGENWART massiv beeinflusst, auch wenn die Lebensrealität anders ist: Ein befürchteter Verlust erzeugt im GEFÜHLSHIRN die gleiche körperliche Reaktion wie ein realer: STRESS! Gefühlte Verluste wiegen emotional sogar stärker als Gewinne: Rechnen wir mit finanziellen Einbußen, neigen wir zu Kurzschlusshandlungen. „Scarcity mindset“ heißt in der Ökonomie diese GEISTIGE EINSTELLUNG, die AUF MANGEL FIXIERT ist.
Zukunftsängste entstehen durch solche negativen Gedanken (Großhirn) und deren Wirkung auf das Gefühlszentrum im Mittelhirn (das auch den Stoffwechsel des Organismus steuert). Die EMOTIONALE REAKTION wird über BILDER beeinflusst:
Ursache für Abstiegsängste ist die Blickrichtung auf Materielles, Vermögen und Status. Wegen der Idee, nur dies ermögliche ein glückliches Leben, kommt es zu VERLUST-AVERSION, verbunden mit dem BILD VOM NIEDERGANG: Es geht bergab und wir sind bald ganz unten (im Gegensatz zum Fortschritt, bei dem es immer vorwärts und aufwärts geht).
Auch die BILDER VON WOHLSTAND kreisen um die Vorstellung von materiellem Besitz: Am liebsten würden wir wie Dagobert Duck im Geld baden! Würde solcher Reichtum vor Verlust-Gefühlen schützen? Von wegen! Je mehr jemand hat, desto größer die Verlustängste! „Die meisten reichen Menschen werden z.B. ständig von der Angst verfolgt, ausgeraubt zu werden“, so Alexander von Schönburg: Da lebe in St. Tropez ein Ehepaar in einer traumhaften Villa mit Meeresblick, aber wie im goldenen Käfig, so abgeschirmt wie im Hochsicherheitsgefängnis!
Und gleich noch so ein Paradox des Lebens: Je länger jemand im Überfluss des Schlaraffenlandes lebt, desto fader werden ihm sogar die köstlichsten Genüsse! So klagt der superreiche russische Oligarch Wiktor Wekselberg in einem Interview: „Als Kind gab’s zu Neujahr immer Bananen und Orangen, das waren so richtige Festtage! Solche Momente fehlen heute, und ich weiß nicht, wodurch ich sie ersetzen könnte.“
Da ist jemand wirklich arm dran!
Was beweist, dass es KOMPLETT FALSCH ist, „IMMER MEHR“ MIT „IMMER BESSER“ ZU VERWECHSELN – stattdessen bleibt dabei die Genussfähigkeit auf der Strecke! Das gilt aber nicht nur für Superreiche, sondern für uns alle! Alles soll jederzeit und überall verfügbar sein: Mit diesem Credo unseres aktuellen Lebensstils sind wir genauso arm dran wie Wiktor Wekselberg!
Mehr noch: DIESER LEBENSSTIL MACHT KRANK! Fast alle chronischen, nicht übertragbaren Krankheiten, die sich gerade epidemisch ausbreiten, gelten in der Forschung als „Lifestyle-Krankheiten“ (wie Diabetis Typ 2 und alle chronischen kardiovaskulären, metabolischen, psychischen und Krebs-Erkrankungen!).
Das Heilmittel: „Abspecken„, alles auf ein gesundes Maß reduzieren und sich wieder in Bewegung setzen!
In sämtlichen Bereichen unseres Lebens leiden wir inzwischen unter der „ZUVIELISATION“ (Gunther Schmidt). Das ständige Surfen im Internet erzeugt immer mehr psychische Probleme. Der Sucht-Faktor der Sozialen Medien schürt besonders bei Jugendlichen Ängste vor dem echten Leben und vor realen Menschen. Durch ständiges Vergleichen mit Anderen sehen sie eher ihre (körperlichen) Mängel, was besonders unglücklich macht (vor allem junge Frauen). So verwundert es nicht, dass ein Drittel der Jugendlichen findet, das Smartphone wäre besser nicht erfunden worden!
Last but not least unser KONSUMVERHALTEN: Als echte „Verbraucher“ sitzen wir heute alle in der Wohlstandsfalle fest: Im Streben nach „immer mehr“ materiellem Glück verbrauchen wir Deutschen die Ressourcen von 3 (!) Erden. Allerhöchste Zeit, von gigantischer Verschwendung auf einen nachhaltigen Lebensstil umzuschalten, damit auch unsere Kinder und Kindeskinder noch ein gutes Leben haben können.
Doch nur an die Vernunft zu appellieren reicht nicht: Das Gefühlshirn muss mit lockenden Bildern ins Boot geholt werden, damit es nicht mit Verlust-Aversion antwortet! (s.a. „Verzicht“ oder „Befreiung“?) Oder man definiert LUXUS einfach ganz neu: „Der wahre Luxus bedeutet nicht, Dinge zu haben, sondern auf sie verzichten zu können.“ (Alexander von Schönburg) Wenn uns die Angst vor Wohlstandsverlust an dringend notwendigen Verhaltensänderungen hindert, dann müssen wir unsere VORSTELLUNGEN VON GLÜCK UND EINEM GUTEN LEBEN ÄNDERN! Uns wieder auf das besinnen, was wirklich glücklich macht, wie Seelenruhe, gute Beziehungen zu Anderen, die Entfaltung des eigenen Potentials, Sinn im Leben zu empfinden, usw.
Also gerade das, was man mit keinem Geld der Welt kaufen kann! Und was rein gar nichts mit gesellschaftlichem Status zu tun hat!
Bildquelle: Pixabay
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