Als Kinder haben wir das alle erlebt: So vollkommen selbstvergessen ins Spiel vertieft zu sein, dass die Zeit einfach stehen blieb, und sich dabei eins zu fühlen mit mit Sand, Pinsel und Farbe oder Bauklötzen. Und das Material fühlte sich so an, als wäre es ganz weich und formbar. DAS SPIELENDE KIND ist das Urbild eines Menschen im Flow, der „sich im glückseligen Zustand des Bei-sich-Seins befindet“, schreibt der Psychologe S. Warwitz. Das Kind identifiziere sich mit der gespielten Figur und gehe in ihr auf: „ES SPIELT NICHT NUR Robinson, ES IST Robinson“.
Der Flow-Forscher Csíkszentmihályi fand dieses Phänomen des Flow-Erlebens auch im Sport, bei Künstlern oder sogar in beruflichen Tätigkeiten – wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind (in der Forschung „FLOW-KANAL“ genannt): Flow kann nur bei aktiven Tätigkeiten auftreten, nicht in völliger Entspannung. KÖRPER UND GEIST müssen in der hohen Spannung einer allumfassenden KONZENTRATION AUF DAS TUN sein, dabei in einer BALANCE ZWISCHEN AKTIVITÄT UND PASSIVITÄT, also zwischen willentlichem Handeln und Laufenlassen. Anforderungen und Fähigkeiten müssen so zueinander passen, dass es weder zu Überforderung kommt (= Anforderungen übersteigen die Fähigkeiten), noch zu Langeweile (= Fähigkeiten übersteigen die Anforderungen).
WICHTIG ist, WIE MAN SICH ZUM ÜBEN IN BEZEIHUNG SETZT, denn die GRUNDTECHNIKEN jeder Fertigkeit müssen wieder und wieder geübt werden. Nur dann können sie ‚IN FLEISCH UND BLUT ÜBERGEHEN‘, bis der Körper sie irgendwann fast wie von selbst einfach macht. Für viele Menschen bedeutet dieses regelmäßige Üben immer gleicher Abfolgen aber nur Langeweile. Der Aikido-Meister George Leonard sieht „die Ursache der Langeweile in der zwanghaften Suche nach etwas Neuem“, denn wir seien durch Medien und Konsumangebote auf die permanente Abwechslung geradezu „konditioniert“.
Mit der richtigen inneren Einstellung könne DAS ÜBEN um seiner selbst willen zu einem RUHENDEN POL im Leben werden – wenn man das Üben als Möglichkeit begreife, ganz und gar in den Augenblick einzutauchen. Wiederholung führe dann nicht zur Mechanisierung, sondern zum immer tieferen Eindringen: „Der Übende muss in jeder Wiederholung neu sein. Er muss immer wiedergeboren werden für die Wiederholung“. – Tatsächlich ist ja niemals alles genau dasselbe wie vorher. Unmerklich erweitern sich die eigenen Fähigkeiten mit jeder Übung, bis sich irgendwann ein qualitativer Sprung einstellt: Erst dann wird uns die neue Fertigkeit bewusst, die wir gelernt haben:
So finde für unser Bewusstsein das Lernen scheinbar in Schüben statt, während die eigentlichen Lernphasen die langen Zeiten des regelmäßigen Übens seien. Da wir alle aber so fixiert seien auf Ergebnisse (den Sprung auf eine höhere Ebene unserer Fähigkeiten), würden wir den eigentlichen Prozess des Lernens übersehen, „das Plateau – diese lange Phase geduldiger Anstrengung ohne einen offensichtlichen Fortschritt.“ (aus: G. Leonard „Der längere Atem“)
Rhythmische und zyklische, einfache, immer wiederkehrende Bewegungen bieten sich fast an für ein Flow-Erlebnis, für MEDITATION IN BEWEGUNG, so der Sportprofessor Oliver Stoll. Jogger kennen das Runner’s High: Dann hat das Frontalhirn (der „Kontroletti“) losgelassen, und dem Organismus die Selbstorganisation überlassen. Das Urhirn übernimmt, ein ekstatischer Trance-Zustand kann sich einstellen. „Wenn die Grübelei aufhört, boote ich sozusagen mein präfrontales System neu“, so Stoll. Leider ist dieser Teil unseres Hirns die meiste Zeit nur mit Vergangenheit und Zukunft beschäftigt, nicht mit dem Hier und Jetzt. Im Abgleich mit unserem Archiv aus Erfahrungen entwerfen wir für uns eine gewünschte Zukunft – oder aber grübeln darüber, warum das nicht so funktioniert wie eigentlich gewünscht.
Das schöne Wort GEISTESGEGENWART drückt aus, was geschieht, wenn das Grübel-Ich abgeschaltet wird: Jeder Augenblick wird intensiv erfahren, wir leben im Gefühl einer ausgedehnten Gegenwart, nehmen alles besonders genau wahr und spüren unsere Lebendigkeit. Die WÜRZE DES LEBENS liege im GEFÜHL, LEBENDIG ZU SEIN, schreibt Leonard. Die Übung selber wird dabei schöpferisch, z.B. in der Musik: Große Künstler sagen, dass der Unterschied zwischen der Vorbereitung auf ein Konzert und dem Bühnenauftritt immer kleiner wird, der Respekt vor dem Werk dagegen immer größer.
Musik ist ein gutes Medium, um in den Flow zu kommen, sowohl aktives Musizieren wie die Bewegung zur Musik. Tänzer:innen schildern ihr Flow-Erleben als Verschmelzungs-Phänomen – eins mit der Musik, der/dem Tanzpartner:in und dem Raum zu werden. Der eigene Körper kann sich dabei gleichzeitg fest wie ein Berg und leicht wie ein Vogel anfühlen.
Bildquelle: Pixabay
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