Teil 8 der Serie STRESSFAKTOR MITMENSCH
„Das was Paul über den Peter sagt, sagt mehr über den Paul aus als über den Peter.“ Baruch Spinoza
Ein blöder Spruch, eine wütende Bemerkung, ein heftiger Vorwurf, ein verbaler Angriff: Anstatt sich von den (üblen) Launen des Gegenübers anstecken zu lassen, sollte man sich an den Ausspruch von Spinoza erinnern: JEMAND SAGT ETWAS ÜBER SICH SELBST mit seinen Äußerungen, über seine emotionale Befindlichkeit und seine Bedürfnisse.
Wer Limbisch versteht, braucht sich nicht angegriffen zu fühlen: Aus non-verbalen Zeichen wie Tonfall, Mimik, Gestik, Körperhaltung lässt sich der PERSÖNLICHE BEDARF von jemandem erkennen, der im Stress-Modus steckt: SICHERHEIT, ANERKENNUNG, ACHTUNG und ZUGEHÖRIGKEIT. Wer seinem Gegenüber etwas davon vermittelt, kann der Stress-Reaktion rasch die Spitze nehmen. Und das einfachste Mittel dazu ist das ZUHÖREN:
„Das ist nichts Besonderes, wird nun vielleicht mancher Leser sagen, zuhören kann doch jeder. Aber das ist ein Irrtum: Wirklich zuhören können nur ganz wenige Menschen. Und so wie Momo sich aufs Zuhören verstand, war es ganz und gar einmalig“, heißt es bei Michael Ende. „Momo konnte so zuhören, dass dummen Leuten plötzlich sehr gescheiete Gedanken kamen. Nicht etwa, weil sie etwas sagte oder fragte, was den anderen auf solche Gedanken brachte, nein, sie saß nur da und hörte einfach zu, mit aller Aufmerksamkeit und Anteilnahme. (..) Sie konnte so zuhören, dass ratlose oder unentschlossene Leute auf einmal ganz genau wussten, was sie wollten. Oder dass Schüchterne sich plötzlich frei und mutig fühlten. Oder dass Unglückliche und Bedrückte zuversichtlich und froh wurden.
So konnte Momo zuhören!“
Um ein wenig so wie Momo zuhören zu können, muss man DIE SACHEBENE VON DER BEZIEHUNGSEBENE TRENNEN: Auch im sachlichen Konflikt kann man einander persönlich anerkennen, und dennoch die eigene Position vertreten. Eine simple Redewendung kann gleich beides verbinden: „AUS DEINER SICHT IST DAS SEHR VERSTÄNDLICH!“
„Mitgefühl kann Sie besser schützen als Gewehre und Bomben“, schreibt der ZEN-Meister Thich Nhat Hanh. „Mit Mitgefühl im Herzen werden Sie nicht mehr aus Angst oder Wut reagieren und dadurch viel weniger Gefahr auf sich ziehen. Wenn Sie wütend sind, machen Sie anderen Angst, und aus Angst wird man Sie angreifen, weil der andere befürchtet, dass Sie zuerst angreifen.“ Es gebe verschiedene Arten von Mitgefühl,sagt er: Es kann sanft sein, aber auch heftig und scharf. Um die richtige Wahl zu treffen, brauche man die „Weisheit zu wissen, wann man DAS SANFTE MITGEFÜHL und wann man DAS STARKE MITGEFÜHL GUTER ABGRENZUNG einsetzt.“
Wie würde dieses starke Mitgefühl guter Abgrenzung praktisch aussehen?
Ich könnte mein Gegenüber auf der Gefühlsebene bestätigen („AN IHRER STELLE würde ich mich auch sehr ärgern!“ oder „Ich kann mir vorstellen, dass SIE das so sehen“), anschließend könnte ich, mit einem UND eingeleitet, meine Sichtweise der Sache erläutern, – anstatt wie bei dem üblichen „Ja, ABER …“
das Gegensätzliche und Trennende hervorzuheben. Weil es SO nicht wie ein Gegenangriff wirkt, erhöht das die Wahrscheinlichkeit, dass meine Botschaft beim Anderen überhaupt gehört wird. Und damit steigt auch die Chance auf eine Verständigung in der Sache. Die kann nur klappen, wenn BEIDE SICHTWEISEN berücksichtigt werden. Setzt sich eine Seite der anderen gegenüberdurch, sodass es zu ‚Sieg und Niederlage‘ kommt, kann der Konflikt jederzeit wieder aufflammen.
Anders sieht es aus, wenn es nur um guten Selbstschutz geht, z.B. wenn ich auf der Straße angepöbelt werde. Mit so einem Erlebnis, das sie sehr verletzt hatte, kam eine Frau zu mir: An einem Tag, wo ohnehin schon alles schräg gelaufen war, passierte es auch noch, dass ein unbekannter Mann ihr aus dem Auto heraus angewidert an den Kopf schmiss: „Mein Gott, bist Du hässlich!“
Das war die Krönung dieses Tages! Sie haderte damit, dass ihr nicht rechtzeitig eine schlagfertige Antwort eingefallen war, für die es jetzt natürlich zu spät war: Der Typ musste nur mal kurz ’sein Mütchen kühlen‘ und dann schnell verschwinden. Eine GUTE ABGRENZUNG HILFT aber AUCH IM NACHHINEIN, vor allem, wenn es noch weh tut, – am besten eine mit starkem Mitgefühl: Die Antwort „Mein Gott, bist Du wütend!“ lässt das Problem beim anderen, gleichzeitig auch mitfühlen mit so einem Menschen, der sich vor lauter Wut selbst zerreißt wie das Rumpelstielzchen.
Sarah Bosetti verwandelt auf diese Art Hassbotschaften aus dem Internet in ‚Liebe‘. Sie findet dafür bühnentaugliche humorvolle Antworten. Humor ist auch für Kinder, die in der Schule oder im Klassen-Chat unter Pöbeleien leiden, ein wundervolles Mittel zur Abgrenzung. Gemeinsam mit ihnen humorvolle Reaktion durchzuspielen, kann sie für’s ganze Leben stark machen gegen Mobbing.
Serie STRESS-FAKTOR MITMENSCH: Überblick über alle Folgen
Bildquelle: Pixabay
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