Gute Zeiten für alle, die gerne laut mit sich selbst reden: Früher fiel es auf, wenn jemand auf der Straße vor sich hin redete. Heute ist das nicht mehr befremdlich, sondern völlig normal – weil der ja wahrscheinlich gerade telefoniert.
Man kann also nach Herzenslust auch laute Selbstgespräche führen, ohne schief angesehen zu werden. Und die tun in den meisten Fällen auch gut, sagt die Forschung. Zum Beispiel bei der Lösung kniffeliger Aufgaben: In Experimenten schnitten Studierende, die laut dachten, viel besser ab als solche, die das nicht taten. Wer mit sich selbst Lösungswege diskutierte: „Wenn ich die Schraube jetzt hier reindrehe, dann passt es da nicht mehr, also muss es wohl auf die andere Seite“, arbeitete meist strukturierter und konzentrierter.
Selbstgespräche – laut oder leise – helfen uns nicht nur, verschiedene Möglichkeiten durchzuspielen, um Probleme leichter zu lösen. Sie nützen auch dazu, sich beim Lernen besser zu erinnern, Alltagsabläufe vorauszuplanen, etwas zu ordnen oder Schritt für Schritt durchzugehen – bei der Arbeit genauso wie zu Hause beim Putzen. Und wer hätte sich beim Einkaufen noch nicht selbst daran erinnert, auf alle Fälle noch an dies oder das zu denken?
Von klein auf reden wir laut mit uns selbst. Noch bevor es richtige Worte sind, brabbeln oder singen Kleinkinder vor sich hin, später erklären sie sich oft selbst, was sie da spielen oder tun. Bis die Schule das jäh beendet: Dort müssen sie meistens nicht nur still sitzen, sondern auch still sein, sonst gelten Kinder schnell als schwierig.
Dabei sind Selbstgespräche völlig normal – und sie tun uns auch richtig gut: Wir können sie nutzen, um uns selbst gut zuzureden oder zu motivieren. Im Training oder bei Wettkämpfen sprechen sich viele Leistungssportler:innen selbst Mut zu: „Du schaffst das ganz bestimmt!“ Sie dienen als Ventil, um mit schwierigen Situationen zurechtzukommen: „So ein Mist!“ Einmal kräftig laut fluchen, kann sehr befreiend sein! Man kann sich aber auch selbst beruhigen: „Alles halb so wild.“ oder „Aufregen bringt gar nichts! Tief eeeeinatmen. Und Aaaausatmen.“
Selbstgespräche können auch dabei helfen, sich selbst und die Situation besser zu reflektieren. Doch dabei kommt es wesentlich darauf an, WIE man bei Selbsteinschätzung und Selbstkritik mit sich selbst redet: Meine Mutter z.B. pflegte sich oft laut zu beschimpfen: „Ich Kamel!“ An diesem Beispiel wird klar, was FÜR ALLE SELBSTGESPRÄCHE GILT: Es sind ZWEI PARTEIEN BETEILIGT, die innerlich miteinander reden bzw. ringen: Eine, die schimpft, und eine andere, die beschimpft wird! Sigmund Freud nannte diese Teile der Psyche ICH und ÜBER-ICH, die Transaktionsanalyse (TA) spricht vom ELTERN-ICH und KIND-ICH. Neutraler, d.h. ohne hierarchische Bewertung, ist von verschiedenen EGO-STATES oder SEITEN EINER PERSON die Rede.
Für laute wie leise Selbstgespräche gilt: Sie veraten, welches SELBSTBILD jemand hat.
Welche Art von Sprache benutze ich, wenn ich mit mir selbst rede? Gehe ich mit mir um, wie mit einem guten Freund / einer nahen Freundin? Oder bin ich sehr selbstkritisch?
Dazu hier EIN KLEINER TEST:
1. Version:
An alles denken, was ich an mir selbst kritisiere und nicht leiden kann, und alles das, was ich gut erinnere, was andere an Negativem über mich gesagt haben.
2. Version:
An alles denken, was ich an mir selbst gut finde und gerne mag, und alles das, was ich gut erinnere, was andere an Postitivem über mich gesagt haben.
FRAGEN:
– Was ist mir leichter gefallen: Negativ oder positiv über mich zu denken?
– Welches der beiden Bilder halte ich eher für zutreffend? Oder sogar für das wahre Bild von mir?
– Und mit welchem der beiden Bilder fühle ich mich selbst wohler?
Den meisten Menschen fällt es viel leichter, negativ über sich zu denken / zu reden (oder sogar sich selbst fertigzumachen). Wer sich dabei jetzt selbst ertappt hat, sollte bedenken:
Das SELBSTBILD hat enorme Macht! Wie ich mit mir selbst rede (bzw. über mich denke), hat direkte AUSWIRKUNGEN AUF MEIN GESAMTES LEBEN!
Sich bewusst zu machen, welches Selbstbild bisher vorherrscht, ist bereits der erste Schritt zum Umlernen. Denn was gewohnheitsmäßig unbewusst bleibt, wird nun bewusst.
Der nächste Schritt wäre die Selbstbeobachtung: Zu merken, wenn ich wieder negativ mit mir rede.
Dann könnte ich mich fragen, ob ich so auch mit einem guten Freund / einer guten Freundin sprechen würde? Falls nicht: Könnte ich mit mir selbst nicht auch genauso respektvoll umgehen? Und meine Aufmerksamkeit ganz bewusst mehr auf die 2. Version von mir richten, auf all das Positive, was ich zu bieten habe und was ich selbst an mir gut leiden kann?
Bildquelle: Pixabay
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